13. Mai 2024

AWO OWL muss Betrieb des Wilhelm-Augusta-Stifts aufgrund erheblicher Baumängel einstellen

Unverhältnismäßiger Investitionsbedarf macht kostendeckenden Weiterbetrieb unmöglich

Bielefeld, 13. Mai 2024. Die AWO OWL muss das Seniorenzentrum Wilhelm-Augusta-Stift, in dem sie derzeit 100 Bewohner*innen versorgt, aufgrund von massiven, neu entdeckten baulichen Mängeln Ende September dieses Jahres schließen. Die Entscheidung ist den Verantwortlichen sehr schwer gefallen und wurde nach intensiver Prüfung und Abstimmung unter Einbindung der wesentlichen Beteiligten getroffen.

Der AWO Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e.V. (AWO OWL) hat heute die Bewohner*innen, deren Angehörige und die Mitarbeitenden des Bielefelder Seniorenzentrums Wilhelm-Augusta-Stift darüber informiert, dass die Einrichtung zum 30. September 2024 geschlossen werden muss. „Die Schließung ist leider unvermeidlich. Unter keinen Umständen lässt sich unsere Einrichtung am Lipper Hellweg dauerhaft fortführen, da die jetzt erkannten baulichen Mängel zu gravierend und der Investitionsbedarf für deren Beseitigung sowie einen kostendeckenden Weiterbetrieb zu hoch sind“, sagt Thomas Euler, Vorstandvorsitzender der AWO OWL.

Das Gebäude wurde im Jahr 1994 errichtet. Nachdem die Immobilie bereits im vergangenen Jahr geprüft und notwendige Investitionskosten in Millionenhöhe identifiziert wurden, hat ein zu Jahresbeginn beauftragter Bauexperte vor wenigen Wochen sein Prüfergebnis vorgelegt. Demnach sind die baulichen Probleme im Haus, darunter erst durch die substanzzerstörende Öffnung von Bauteilen zu erkennende Brandschutzmängel, viel weitreichender und damit kostenintensiver als ursprünglich angenommen. Eine umgehende Begehung mit Spezialisten für den Brandschutz hat die schwerwiegenden Baumängel bestätigt, die allerdings nicht zu einer sofortigen Schließung führen. Vielmehr kann der Betrieb im Interesse der Bewohner*innen in enger Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden und der Umsetzung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen – wie beispielsweise nächtliche Brandwachen – übergangsweise aufrechterhalten werden.

Trotz intensiver Bemühungen und Verhandlungen mit allen wesentlichen Beteiligten hat sich im Ergebnis keine Finanzierungsmöglichkeit eröffnet, die es der AWO OWL gestatten würde, das Seniorenzentrum bei Durchführung der erheblichen Baumaßnahmen auch nur annähernd kostendeckend weiterzuführen. Nach aktuellen Berechnungen verursacht die Umsetzung der zwingend baurechtlichen Maßnahmen inklusive der Beseitigung von verdeckten, bislang nicht erkennbaren Baumängeln und Brandschutzthemen Kosten von rund 16,0 Millionen Euro, die in voller Höhe vorfinanziert werden müssten und nur zum Teil über die kommenden Jahrzehnte refinanzierbar sind.

Der konkrete Ablauf der Betriebseinstellung ist im Detail ausgearbeitet. Mit der Umsetzung wird kurzfristig in sehr enger Abstimmung mit der WTG-Behörde und den Betroffenen begonnen. Alle Bewohner*innen sowie ihre Angehörigen wissen bereits Bescheid, werden aber in den kommenden Tagen noch individuell über die nächsten Schritte informiert werden. Um die Fortführung ihrer Pflege lückenlos sicherzustellen, wird einem großen Teil der Bewohner*innen angeboten, in das AWO Seniorenzentrum Baumheide (Bielefeld) oder das Haus Müllerburg (Oerlinghausen) umzuziehen. Nach derzeit laufenden Gesprächen wird darüber hinaus die Evangelische Johanneswerk gGmbH dem anderen Teil der Bewohner*innen ein Angebot unterbreiten, in deren Pflegeeinrichtung in Bielefeld zu wechseln.

Dem überwiegenden Teil der aktuell Beschäftigten des Wilhelm-Augusta-Stifts, insbesondere den Pflegekräften, werden Arbeitsplätze in den übrigen von der AWO OWL betriebenen Seniorenzentren oder an anderer Stelle innerhalb des Bezirksverbands angeboten. Das Johanneswerk hat signalisiert, ebenfalls einen Teil der Mitarbeitenden übernehmen zu können. Soweit möglich werden vorhandene Wohngruppen mit ihren zuständigen Pflegekräften als ganzes Team in die alternativen Einrichtungen umziehen, um die Bewohner*innen in ihrem gewohnten, persönlichen Umfeld belassen zu können.

Der Betrieb des Wilhelm-Augusta-Stifts wird bis zur Betriebseinstellung unter Berücksichtigung erhöhter Sicherheitsmaßnahmen fortgeführt. Die Pflegeversorgung am Standort ist damit bis zum Umzug in gewohnter Qualität und ohne Einschränkungen gewährleistet. „Wir sehen und verstehen die großen Unannehmlichkeiten, die auf die Bewohner*innen, deren Angehörige und unsere Mitarbeitenden in der nächsten Zeit zukommen werden. Wir werden den notwendigen Übergang in enger Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde der Stadt Bielefeld so reibungslos wie möglich gestalten“, erklärt Thomas Euler.

Das Seniorenzentrum Wilhelm-Augusta-Stift verfügt über 116 Plätze (davon 25 Doppelzimmer) und beschäftigt rund 100 Mitarbeitende.